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Soziostruktureller Wandel bleibt nicht folgenlos für die sozialen und politischen Orientierungen der Menschen. Zunehmende politische Entfremdung und Polarisierung sowie neue soziale Konfliktlinien stellen bestehende Systeme der Ressourcenallokation und Repräsentation in Frage. Setzt man diese Entwicklungen in Bezug zu soziostrukturellen Veränderungen ergibt sich ein Widerspruch. Wie lassen sich eine ‚individualisierte' Sozialstruktur oder das Ende der ‚politisierten' Sozialstruktur mit der menschlichen Neigung zur Gruppenbildung und den gegenwärtigen soziopolitischen Konflikten vereinbaren? 

Der Zusammenhang zwischen soziostrukturellem Wandel und soziopolitischen Orientierungen erscheint komplexer, als von der Forschung bisher gewürdigt wird. Tatsächlich generieren etablierte Ansätze wie die Statusinkonsistenztheorie und das Konzept der Cross-cutting Cleavages gegensätzliche Vorhersagen zur Internalisierung der Sozialstruktur und damit zu Fragen des sozialen Zusammenhalts und der politischen Stabilität. RISS setzt sich zum Ziel, diesen Widerspruch aufzulösen. 

Obwohl sich die Sozialstruktur dramatisch verändert hat, hat sie nichts von ihrer prägenden Kraft eingebüßt. Statt einer Auflösung der Sozialstruktur erleben wir ihre grundlegende Rekonfiguration sowie eine Internalisierung von neuen Sozialpositionen und Gruppenzugehörigkeiten. Um die Transformationen unserer Zeit zu begreifen, müssen wir einen Blick auf diese neuartigen Sozialstrukturen werfen und verstehen, wie sie Sichtweisen, Überzeugungen und Präferenzen prägen. 

Unser Ziel ist eine ausdrücklich multidimensionale Konzeption von soziostrukturellem Wandel sowie die Entwicklung einer innovativen empirischen Forschungsstrategie, welche diese Komplexität adäquat abbildet. Ein solcher Ansatz verspricht sowohl eine gehaltvollere Theoriebildung über die soziostrukturelle Prägung individueller und kollektiver Orientierungen als auch ein besseres Verständnis unserer turbulenten Zeit.